Bénédicte Gross Event

Im Jahr 2021, als Bénédicte Gross im Espace contre-contre ausgestellt wurde, schrieb Nicholas Marolf über sie: "Bénédicte Gross kennt die politische Wissenschaft der Formen. Eines Nachts träumt sie. (...) Die politische Kulisse bricht zusammen wie der Prunk einer archaischen Oper. (...) Vor ihren Gemälden kann sich der Betrachter in einem Moment des Stillstands der Schwere dessen bewusst werden, was uns aufgebaut hat und was wir aufbauen: Die Kulisse fällt in einem Flug des Niedergangs auf uns zurück und lässt uns die Erde der Vorfahren essen. Topografisch, politisch, historisch: Bénédicte Gross durchquert die Zeiten mit der Poesie einer spielerischen Kassandra".

Seitdem hat nichts die delphische Richtigkeit dieser Aussagen gestoppt. Die Kulisse ist gefallen oder bereitet sich darauf vor. Dennoch präsentiert uns Bénédicte Gross keinen Trümmerhaufen. Hier gibt es keinen eingestürzten Tempel oder eine abgestürzte Säule. Nichts in dieser Arbeit erinnert (noch) an das Gerüst von Stürzen. Stattdessen sind es ebene Flächen, Körper, Ecken, Würfel, Platten, vertikale oder horizontale Stäbe, alles Elemente, die auf rohe Materialien - Betonblöcke, Stahlträger - hindeuten und zweifellos an eine Architektur im Entstehen erinnern. Es bleibt abzuwarten, ob es sich bei dieser Architektur um einen Wiederaufbau oder um die verstreuten Elemente einer Verteidigungsstruktur handelt...

In ihrem Bestreben, verschiedene Materialien technisch darzustellen, versucht Bénédicte Gros auch, deren Ästhetik, Poesie und stille Präsenz hervorzuheben. Indem sie diese Elemente zunächst zufällig und dann immer bewusster miteinander kombiniert, bringt sie sie in Dialog und Resonanz miteinander, um ungeordnete oder arrangierte Kompositionen zu bilden, die mit Perspektiven oder visuellen Sperren spielen. So entsteht eine Ästhetik der Vergänglichkeit, die ein potenzielles Werden in sich trägt.

Diese zerbrechlichen oder bedrohlichen provisorischen Architekturen erheben sich alle vor einem dunkelblauen Hintergrund, in dem manchmal Grau vorherrscht. Wenn "alle Fernen blau sind", sind sie bei Bénédicte Gross von einem Gewitterblau.